Familie

„Ich bin bei dir, wenn du dich nicht traust!“

180516-Frühling-09

Geschwister wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Der eine meist still, zurückhaltend und schüchtern – der andere wild, frech und wunderbar, zusammen aber unzertrennlich und zwei kleine Rabauken.

So kamen die beiden gestern mit dem Wunsch vom Kindergarten nach Hause am Glowesabend von Haus zu Haus zu ziehen. Gehört hatten sie dies nämlich von anderen Kindern, dass man am Glowesabend für das Aufsagen eines Spruches Süßigkeiten bekommen würde. Ich blickte dem Ganzen etwas skeptisch entgegen, denn ich konnte mir ehrlich gesagt kaum vorstellen, dass die beiden vor ihnen unbekannten Menschen einen Nikolaus-Spruch aufsagen würden. Der Wunsch blieb und die Kinder übten fleißig ihren Vers.

Draußen wurde es dunkel und wir beschlossen in eine nahe gelegene Einkaufspassage zu fahren, da dort der Nikolaus höchstpersönlich kleine Geschenke an die Kinder verteilen sollte. Dort angekommen rannte der kleine Sohn sofort in das erste Geschäft, sagte seinen Spruch auf und bekam zur Belohnung einen Schokoladenriegel von einer netten Dame überreicht. Der große Sohn schaute hingegen kopfsenkend auf den Fußboden und traute sich nicht seinen Vers aufzusagen. Traurig und ohne Schokoladenriegel verließ er das Geschäft. Bereits an dieser Stelle wäre ich am liebsten mit den Kindern zurück zum Auto gegangen, denn es tat weh, den Sohn so traurig zu sehen.

Ich kniete mich zu ihm, nahm ihn in den Arm und flüsterte ihm ins Ohr, dass er nicht traurig sein sollte und versprach, dass er sich im Supermarkt einfach eine Süßigkeit aussuchen darf. Auch der kleine Sohn nahm den traurigen Bruder in den Arm und sagte: „Sei nicht traurig! Ich bin bei dir wenn du dich nicht traust, dann sage ich eben den Spruch für uns beide auf.“ Der Kleine griff sich die Hand vom großen Bruder und zog ihn mit sich zum Nikolaus. Vor dem großen Mann im roten Gewand und dem weißen Flauschebad hatte allerdings auch er etwas grummeln im Bauch. Der Papa rettete die beiden sprachlosen Jungs mit einer spontanen Einlage und einem fröhlichen Spruch für den Nikolaus. Zur Belohnung gab es für alle drei einen großen Weihnachtssack gefüllt mit vielen Leckereien.

Nun waren beide Kinder nicht mehr zu halten, sie liefen von Geschäft zu Geschäft und sagten Händchen haltend zusammen ihren Spruch auf:

Holler boller Rumpelsack,
Nikolaus trägt ihn huckepack.
Weihnachtsnüsse gelb und braun,
runzlig, punzlig anzuschaun.
Knackt die Schale, springt der Kern
Weihnachtsnüsse ess ich gern.
Komm bald wieder in dies Haus
guter alter Nikolaus.

Nachdem die beiden nahezu in jedem Geschäft ihren Nikolausspruch aufgesagt hatten und ihre Beutel mit Süßigkeiten gefüllt waren, fuhren wir mit zwei glücklichen Kindern wieder nach Hause.

Anhand dieser Situation in der Einkaufspassage ist mir mal wieder vor Augen gehalten wurden, wie wichtig Geschwister füreinander sind. Geschwister fangen sich in schwierigen Situationen gegenseitig auf und halten zusammen. Man könnte meinen, dass zwischen ihnen eine unsichtbare Schnur ist, die sie miteinander verbindet und spüren lässt, wenn der andere sich nicht wohl fühlt oder Angst hat. Und das auch schon im jüngsten Alter und hoffentlich ein Leben lang.

„Das war ein richtig schöner Tag, ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Nikolaustag!“ sagte der große Sohn, während er seine Süßigkeiten in seine Schnuckebox sortierte.

Hast du schon einmal ähnliche Situationen bei deinen Kindern beobachten können? Und ganz brennend würde mich interessieren, wie dort wo du wohnst der Nikolaustag zelebriert wird und welche Sprüche deine Kinder aufgesagt haben. 🙂

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