Anfang des Jahres meldete ich unseren Sohn spontan zum Schwimmkurs an, denn er äußerte schon lange den Wunsch endlich ohne Schwimmgurt schwimmen zu können. Er freute sich riesig als ich ihm beim Abholen im Kindergarten von der Anmeldung berichtete. Von da an zählte er aufgeregt die Tage bis zu seiner ersten Schwimmstunde – die jedoch rückblickend ein schlimmes Erlebnis für ihn wurde.
Bereits einige Tage zuvor packte er seine Schwimmtasche und fragte gefühlt alle paar Minuten nach, wann wir genau los fahren würden und ob wir nicht doch ein paar Minuten eher starten könnten. Die Vorfreude war einfach riesig.
Als der besagte Tag gekommen war und ich ihn morgens für den Kindergarten weckte, sprang er förmlich aus dem Bett, denn schließlich wollte er so schnell wie möglich in den Kindergarten, um nachmittags am Schwimmkurs teilnehmen zu können. Auch Nachmittags als wir im Auto saßen und auf dem Weg ins Schwimmbad waren, war er euphorisch. Dort angekommen zog er blitzschnell seine Badehose an und lief in Richtung Schwimmbecken.
Die Freude fiel schnell ins Wasser
Als sich der Schwimmlehrer, ein wahrer Muskelprotz mit einem riesigen Kreuz und Bodybuilder-Armen bei den Kindern und Eltern vorstellte, merkte ich wie der Sohn sich ganz langsam hinter mir verkroch und schluchzend meine Hand griff. Vermutlich hatten wir beide beim Anblick des Muskelmonsters die selben Gedanken.
Ich kniete mich nieder, nahm ihn in den Arm und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich da bin und er keine Angst haben braucht. Auch bei den ersten Trockenübungen am Beckenrand wich ich ihm nicht von der Seite und führte gemeinsam mit ihm die Übungen aus.
Schließlich ging es für die Kinder ohne Schwimmhilfe ins Wasser. Zumindest für acht Kinder der Schwimmgruppe, denn der Sohn sowie ein anderer Junge weinten, weinten und weinten. Ich nahm ihn zur Seite, setzte mich mit ihm auf eine nahegelegene Bank und fragte ihn, warum er weine, ob er vor etwas Angst habe und ob er lieber nach Hause fahren möchten. Er wollte gerne bleiben einen Grund für das Weinen konnte er mir nicht nennen.
Langsam gingen wir also wieder in Richtung Schwimmbecken, denn ich hatte das Gefühl, dass er sich ein bisschen beruhigt hatte und er wollte gerne ins Wasser zu der Gruppe. Als wir am Beckenrand ankamen und ich ihm gerade anbot weiterhin in seiner Nähe zu bleiben, damit er zu der Gruppe zurück kehrten kann, kam das Muskelpaket aus dem Becken gehechtet, griff den Sohn am oberen Arm und zog ihn zu sich ins Becken. Das alles passierte binnen Sekunden. Mir blieb die Stimme weg, obwohl ich diesen Mann am liebsten angeschrien hätte. Der Sohn begann laut zu weinen und schaute mich immer wieder mit hilfesuchenden Blicken an.
Ich hielt das ganze einige Minuten aus, vermutlich hatte ich die Hoffnung, dass alles gut werden und er letztendlich doch noch Spaß haben würde. Diesem war so nicht und die leidenden Blicke meines Sohnes, taten mir sehr weh. Ich gab ihm ein Zeichen, um aus dem Wasser zu kommen.
Im Nachhinein habe ich mich sehr über mich selbst geärgert, dass ich nicht das Gespräch zu dem Schwimmlehrer gesucht oder ihm direkt nach dem Vorfall eine Ansage gemacht habe. Der Schock saß einfach zu tief und einige Minuten ist man vermutlich schlagfertiger.
Ich trocknete den Sohn ab und zog ihn um, dabei überlegten wir uns in der Umkleidekabine was wir direkt im Anschluss unternehmen konnten. Wir entschieden uns einen Döner in unserem Lieblingsimbiss essen zu gehen, dabei sprachen wir lange über das Geschehene und überlegten uns eine Alternative zu diesem Schwimmkurs. Für den Sohn steht fest: Er möchte gerne unbedingt einen Schwimmkurs machen, aber zu diesem Monster möchte er nie wieder gehen.
Ich kann ihn verstehen.
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