„Bei euch sieht es ja aus wie in einem Kinderzimmer! Also mein Leander darf in unserem Wohnzimmer aber nicht spielen, schließlich hat er sein eigenes Kinderzimmer.“ oder aber „Das du es duldest, dass deine Kinder ganze Legostraßen in eurem Wohnzimmer aufbauen. Bei uns gibt es das später mal nicht, wenn wir Kinder haben. Schließlich ist das mein Zimmer und kein Spielzimmer.“ Sätze, die ich bereits von Müttern und Single-Frauen entgegengenommen habe und Kopfnickend hingenommen habe.
Wenn man sich für ein Leben mit Kind/Kindern entscheidet, muss man sich vorab in vielen Dingen klar sein. Das Auto wird nicht mehr tiptop sauber sein, man wird sich früher oder später mit Kekskrümeln, Sand und dreckigen Rädern des Kinderwagens im Kofferraum arrangieren müssen. Und auch die Wohnung wird komplett auf den Kopf gestellt, mal abgesehen von den vielen Fingerabdrücken an den Türen und Fenstern, dem Sand in der Sofaritze, den nicht zu bändigen Wäsche- und Geschirrbergen wird auch das Spielzeug in jedem Zimmer – ja, auch im Badezimmer, einziehen.
Einen kleinen aber feinen Unterschied gibt es dann aber doch. Eltern, die den Kindern das Spielen im Wohnzimmer gestatten und Eltern, die ihr Wohnzimmer als ihr eigenes Reich bezeichnen und kein Kinderspielzeug dulden beziehungsweise dieses so schnell wie möglich wieder aus diesen Räumen verbannen, sobald die Kinder schlafen.
Auch ich habe solch einen Fehler begangen und eine Zeit lang, dass Spielzeug abends an Ort und Stelle zurück geräumt. Abend für Abend, so lange bis mein Sohn weinend vor mir stand und mich zum Nachdenken bewegte. Schließlich hatte er Recht mit dem was er sagte und forderte, leider habe ich es vorab nicht aus seinem Blickwinkel gesehen. Gemeinsam haben wir eine tolle Lösung gefunden, mit der wir alle glücklich sind.
Aus Kindersicht könnte das nämlich wie folgt aussehen:
„Ich bin 5 Jahre alt und finde es richtig toll, wenn meine Mama und mein Papa gemeinsam mit mir in unserem Wohnzimmer eine große Legostraße oder die Feuerwehrwache aufbauen. Ich lege mich dabei so gerne auf den kuschligen Teppich oder vor die warme Heizung und genieße die Nähe zu Mama und Papa. Auch wenn die beiden mal etwas zu tun haben wie etwa in der Küche kochen, die Wäsche zusammen legen, bügeln oder andere Dinge erledigen sind sie immer in meiner Nähe und ich höre dabei ihre Stimmen. Anderes wäre es, wenn ich in meinem Kinderzimmer spielen würde. Dann wäre ich nämlich ganz alleine und keiner könnte sich beim Spielen mit mir unterhalten und außerdem würde mir die Nähe zu Mama und Papa fehlen.
Und weißt du was richtig klasse ist? Ich darf sogar mein Erbautes im Wohnzimmer stehen lassen und am nächsten Tag direkt dort weiterspielen wo ich aufgehört habe. Ich fände es nämlich total gemein, wenn mein Erbautes während ich einen Mittagsschlaf halte oder abends, wenn ich ins Bett muss abgebaut und weggeräumt werden würde. Das ist schon einmal passiert. Ich war so traurig, als ich wach geworden bin und gesehen habe, dass alles zerstört und wieder in der Kiste lag. Ich habe geweint, denn ich habe mir so eine Mühe gemacht und doch alles so schön aufgebaut. Ich habe meiner Mama dann gesagt, dass ich mich darüber ärgere und traurig bin. Wir haben lange darüber gesprochen und seitdem ist das nie wieder vorgekommen. Die einzige Bedingung ist, dass wir zusammen aufräumen, wenn die großen Staubflocken sich auf mein Erbautes setzen oder ich lieber mit etwas anderem spielen möchte. Ich finde diese Regelung richtig gut!“
Wenn man seine Kinder mal ganz genau beobachtet merkt man schnell, dass sie am liebsten in der Nähe einer vertrauten Person spielen. Sie sehnen sich nach der Wärme, der Stimme und Geborgenheit. Es ist völlig normal, dass dabei das Spielzeug aus dem Kinderzimmer in das Wohn- oder Esszimmer getragen wird. Mit einer kleinen Abmachung, kann man sich aber gut arrangieren, damit nicht das komplette Spielzeug aus dem Kinderzimmer geholt wird. Diese kann zum Beispiel sein, dass immer nur drei Spielzeuge im Wohnzimmer sein dürfen oder aber, dass man ein Spielzeug aufräumen muss, bevor man das nächste holt. Sicher gibt es noch viele weitere Möglichkeiten.
Unsere Vereinbarung ist, dass der Weg zum Sofa und der Balkontür frei bleiben muss und nicht verbaut werden darf. Es dürfen so viele Spielzeuge wie gewünscht bespielt werden, allerdings wird vorm Staubsaugen zusammen aufgeräumt und entschieden, welches Spielzeug zurück in das Kinderzimmer muss. Mittlerweile hat sich das sehr gut eingespielt. Natürlich gleicht unser Wohnzimmer dem eines Kinderzimmers, aber darauf haben mein Mann und ich uns eingelassen. Auf ein Leben mit Kindern.
7 Kommentare zu “Aus Kindersicht: Mit Liebe aufgebaut, in wenigen Sekunden zerstört”