nordhessenmami.de

Der schlimmste Schmerz – ein Abschied für immer

Das neue Jahr hat begonnen und meine Familie und ich blicken auf schöne Tage zurück. Der Mann hatte zwei Wochen Urlaub, wir haben einen Weihnachtsbaum gekauft, ihn an Heiligabend geschmückt, viel gekuschelt, gespielt und gelacht und schließlich auch einen schönen Silvesterabend mit Freunden verbracht. Alles ist wunderbar, wir blicken auf ein wunderbares Jahr zurück und sind gespannt, was uns das neue Jahr bringt – wir sind glücklich und zufrieden, uns geht es gut.

Nun sitze ich vor meinem Laptop und suche nach den passenden Worten. Denn in den letzten Tagen ging eine traurige Nachricht mit dem Hashtag #einElefantfuerDich um die Welt. Einen Tag vor dem Neujahrswechsel hat uns ein kleines vierjähriges Mädchen, die kleine Kaiserin verlassen. Ich kenne die kleine Kaiserin sowie die Familie nicht persönlich, dennoch macht mich ihre Geschichte sehr traurig, ich denke viel an die Familie und musste weinen als ich den Artikel über ihren Tod las.

In meinem Kopf tauchen immer wieder die selben Fragen auf: Wie können Eltern solch einen großen Verlust überstehen? Wie kann man mit diesen unbeschreiblichen Schmerzen weiterleben? Kann man überhaupt so weiterleben?

Ich war 14 Jahre alt, als mein Klassenkamerad, Nachbar und guter Freund von einem Autofahrer angefahren wurde und an den Folgen der starken Verletzungen starb. Dies war meine erste Begegnung mit dem Thema „Tod”. Ich brauchte sehr lange bis ich mit der Situation zurecht kam. Schließlich verbrachte ich meine halbe Kindheit zusammen mit Tim. Wir gingen zusammen in den Kindergarten, in die Grundschule und schließlich auch auf die Gesamtschule, wir gingen jeden morgen zusammen zur Bushaltestelle und nachmittags wieder nach Hause, manchmal trafen wir uns und schauten zusammen Großstadtrevier – denn unser Plan war es, eines Tages Polizisten zu werden und dann gemeinsam wie Dirk Matthis und dessen Partner/innen in einem Team zu arbeiten. Tim war damals das einzige Kind der Familie. Die Eltern verließen nach dem Tod des Sohnes nur noch selten das Haus. Einige Jahre später verkauften sie das Haus und zogen in eine andere Stadt. Der Vater starb kurz danach angeblich an Krebs, aber ich glaube, dass er den Tod seines einzigen Sohnes nie verkraftet hat und durch den Schmerz gestorben ist. Die Mutter wohnt heute wieder ganz in der Nähe.

Ende November erreichte mich nach langer Zeit wieder mal eine sehr traurige Nachricht. Mein Mann war dienstlich für ein paar Tage in München und ich saß gerade mit unseren beiden Kindern im Auto als ich eine WhatsApp Nachricht von meiner besten Freundin bekam. Sie schrieb mir, dass sie am Vormittag einen Notkaiserschnitt hatte und die kleine *Anna nur 690 Gramm wiegen würde. Mein Hals schwoll zu und die Tränen liefen ohne Unterbrechung über mein Gesicht. In meinem Kopf tauchten plötzlich viele Bilder und Wörter auf. Bilder und Wörter, die wir vor knapp zwei Jahren nach der Geburt unseres großen Sohnes im Krankenhaus zu sehen und zu hören bekamen. Unser Sohn kam in der 34. SSW zur Welt und lag einige Tage auf der Neointensiv-Station und anschließend auf der Kinder-Onkologie.

Zwar war mir klar, dass wir damals viel mehr Glück hatten, denn unser Sohn wog knapp das Dreifache der kleinen Anna, aber mir war auch bewusst, dass es ein schwieriger Kampf für das kleine Mädchen sowie die Eltern werden würde.
Ich betete und weinte, Tag für Tag und Nacht für Nacht. Die kleine Anna hat es leider nicht geschafft und lebte nur zwei Tage. Die Ärzte konnten ihr leider nicht mehr helfen, zu schwach war das kleine Herz.
Die Eltern gehen mittlerweile gut mit der Situation um, sie müssen stark sein, stark für die große Tochter. Dennoch sind sie jeden Tag für die kleine Anna da, sie besuchen sie jeden Tag auf dem Friedhof und erzählen ihr vom Leben.
Ich spreche viel mit meiner Freundin über Anna. Sie sagt, es tue ihr gut. Am Anfang fiel es mir schwer, denn mir fehlten schlicht die Worte. Wir saßen dann einfach nur da, haben uns umarmt und geweint. Mittlerweile wissen wir, dass es besser so ist – dass Anna es beim lieben Gott besser hat, als hier unten bei uns.
„Der liebe Gott steuert alles. Er mutet jedem das zu, was er aushalten kann.” Diese Worte stammen von meiner Freundin. Sie trösten mich, dennoch weiß ich auch, dass ich den Verlust eines/meines Kindes vermutlich nicht aushalten würde.

Liebe kleine Kaiserin, liebe Anna und lieber Tim, ich denke ganz fest an euch und wünsche euch eine gute Reise.

Die mobile Version verlassen